In HSU starte ich heute mit einem neuen Thema: Trends. Da ich nicht viel Zeit und Energie für die Vorbereitung habe, setze ich die erste Idee um, auf die ich Lust habe und die geht so:
Ich erstelle drei QR-Codes mit den Überschriften "Lesen", "Lernen" und "Erklären". Diese drucke ich aus und hänge sie an die Tafel. Dazu sage ich der Klasse, dass das unser neues HSU-Thema ist und ich die nächste halbe Stunde nicht zur Verfügung stehe.
Was passiert ist:
Zunächst sitzt die Klasse verunsichert auf ihren Plätzen. Einige versuchen mit ihren Augen die QR-Codes zu entziffern. Nach und nach kommen einige Kinder auf die Idee, dass man ja die Tablets
nehmen könnte und es wird kurz diskutiert, ob sie dürfen.
Schließlich trauen sich einige und es beginnt die Jagd auf die Tablets. Schnell haben sich die meisten mit einem Gerät ausgestattet. Ein paar sitzen noch verunsichert an ihrem Platz und warten
ab. Ich sage nichts.
Die Kinder mit Tablet scannen den ersten Code. Dahinter verbirgt sich ein kurzer Text: "Super, du hast es geschafft! Hilf anderen Kindern, die es noch nicht geschafft haben. Beantworte dann die
Frage: Was ist ein Trend? Scanne dafür die anderen QR-Codes.
Die Kinder versuchen auf den Text zu klicken, kein Link öffnet sich, es ist also kaputt. Auf die Idee, den Text zu lesen, kommt anscheinend niemand.
Nun scannen die viele Kinder den zweiten Code. Dahinter verbirgt sich ein kurzes Erklärvideo von Kika zum Thema Trends. Die Kinder freuen sich über die Fidget-Spinner im Video, einige meinen schon alles gesehen und verstanden zu haben. Es wird laut in der Klasse. Die Kinder, die sich konzentrieren wollen, suchen nach den Kopfhörern für die Tablets. In der Schublade ist dank unsachgemäßer Handhabung nur ein riesiges Kabelknäuel, welches 5 Kinder die nächste halbe Stunde zu entwirren versuchen (Spoiler: Sie schaffen es nicht.) Ab dem 5. Kind, welches das Video schaut, bricht das Internet zusammen.
Währenddessen können viele Kinder nicht damit umgehen, dass sie von mir keine Hilfe und Anleitung bekommen, sondern sich selbst und gegenseitig helfen müssen. Manche meinen, es wäre Frazi und fangen an ein Buch zu lesen, zu malen, Musik zu machen, etc.
Nach einiger Zeit scannen die Schnellen den 3. QR-Code. Dieser führt zu einem ZUM-Pad mit den Aufgaben: 1. Schreibe deinen Namen. Schreibe nur bei deinem Namen und lösche nichts. 2. Erkläre, was
ein Trend ist. 3. Nenne 3 Beispiele.
Die Kinder scheitern an der ersten Aufgabe. Kaum schreibt jemand etwas, wird es von jemand anderen gelöscht. Es entsteht Frust, Streit, Lautstärke.
Ich sitze vorne, beobachte und tacker meinen Mund zu und meine Hände an den Tisch um durchzuhalten. (Wer mich bis jetzt nicht für wahnsinnig gehalten hat, jetzt wäre der Zeitpunkt dafür.)
Nach einer halben Stunde die Reflexion:
Frage: Wie war es für dich? Die Kinder berichten von ihrer Unsicherheit, ihrem Frust, ihren Erfahrungen mit der Technik. Soweit die erwarteten Antworten.
Ich erkläre den Kindern kurz das Vorgehen, wie es aus meiner Perspektive war, was ich komisch fand, was ich mir wünschen würde. Morgen machen wir es wieder.
Warum tue ich das? Zum einen ist es meine Art zu Lernen: ausdenken - ausprobieren - scheitern - reflektieren. Es gibt sicher auch andere (bessere) Wege, aber ich mache es so. Die Kinder lernen mit Frust und Misserfolg umzugehen, sie lernen die Technik kennen, müssen ihren Umgang selbst erproben, über Stolpersteine stolpern um zu sehen, dass sie da sind und wie man drum herum kommt. Erfahrungen machen mich und meine SchülerInnen schlauer, besser, kompetenter. Ich muss neue Methoden ausprobieren um zu sehen, woran die Kinder scheitern und was ich besser machen muss. Viele Gedanken und Erklärungen sind für mich weniger wert, als eine (negative) Erfahrung.
Fortsetzung folgt ...
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