Vor einigen Tagen habe ich meinen zweiten #breakoutedu durchgeführt. Diesmal hatte ich eine AG mit ca. 12 hochbegabten Kindern. Voller Vorfreude habe ich geplant, überlegt, gebastelt, geknobelt. Im Gegensatz zu meiner Klasse bei meinem ersten Versuch hatte ich diesmal eine kleinere Gruppe und ich dachte, dass ich bei den Hochbegabten ruhig kniffligere Rätsel stellen konnte. Außerdem wollte ich wieder viel ausprobieren.
Aus meinem ersten Versuch habe ich gelernt, zumindest wollte ich nicht die gleichen Fehler wieder machen, sondern andere. Also habe ich die Schatzkiste so gesichert, dass die Kinder sie nicht einfach aufbekommen können (was auch niemand versucht hat). Außerdem habe ich versucht die Rätsel klarer zu strukturieren (was nicht funktioniert hat).
Davon abgesehen wusste ich schon, dass es erst mein zweites Mal ist und dass wieder viel schief gehen wird. Primär ging es mir darum, viel auszuprobieren, was ich so an Ideen gelesen und gedacht hatte. Also packte ich rein, was ging: Kreuzworträtsel, Schwarzlichtstift, Puzzle, Logical, versteckte Hinweise, Lexika, Mal-den-Code, Sudoku, Rechenaufgabe. Die Kinder sind ja schließlich hochbegabt ... dachte ich mir.
Während und nach der Durchführung kam dann die (durchaus erwartbare) Ernüchterung: die Rätsel waren zuviel und oft zu schwer (nur weil ich es schnell und leicht lösen kann, können es (selbst
hochbegabte) Kinder nicht). Die Struktur ignorierten die Kinder und gingen ihren eigenen Weg. Manches wurde nur mit meiner Hilfe gefunden, anderes war (zu) leicht versteckt. Nur 1-2 Kinder
rätselten.
Anderes lief gut: sie verstanden meine Ideen und Hinweise, waren begeistert und motiviert die Schatzkiste zu öffnen, freuten sich über den Schatz.
Meine Kollegin, mit der ich diese AG zusammen leite, war beeindruckt und begeistert von der Idee. Auch auf Twitter bekam ich viel Zuspruch. Danke dafür an alle, das hat mich wieder aufgebaut. Nur ich war nicht zufrieden. Warum?
Zum einen bin ich ein sehr strukturierter und ordnungsbedürftiger Mensch. Ich überlege mir vorher lange und ausführlich eine Struktur und versuche den #breakoutedu so vorzubereiten, dass die
Kinder knobeln müssen, aber es trotzdem ohne meine Hilfe schaffen. Es soll anspruchsvoll, aber schaffbar sein. Am besten soll die ganze Klasse im Team zusammenarbeiten und es nur so schaffen. Die
Kinder folgen dieser Struktur aber nicht. Sie finden ihren eigenen Weg.
Eigentlich ist es ja auch genau das, was ich (nicht nur mit dem #breaktoutedu) in meiner Klasse erreichen will. Die Kinder sollen keinem festen Muster folgen, sondern selbstständig denken,
handeln und Lösungen finden. Und dennoch wird mir die Differenz zwischen meinem persönlichen Ordnungsbedürfnis und meinem pädagogischen Konzept selten so deutlich bewusst, wie in diesen beiden
breakout-Stunden.
Zum anderen war ich schon lange nicht mehr so begeistert bei der Vorbereitung von Stunden wie bei den #breakoutedus. Ich habe mir alles so schön vorgestellt, so viele Gedanken gemacht, so viel Zeit und Energie investiert. Dann soll doch bitte auch alles perfekt laufen! Stressig, wenn die Kinder sich dann nicht genauso verhalten, wie in meinen Gedanken ...
Schlussendlich wurde mir nach diesem #breakoutedu sehr klar, dass ich mich gerade auf dem Weg befinde, nur weiß ich zur Zeit weder wo ich gerade stehe, noch wo genau ich hinwill. Konkret soll das heißen: Ich bin vor noch nicht allzu langer Zeit auf das Thema Digitalisierung und zeitgemäße Bildung aufmerksam geworden und seitdem sauge ich Informationen, Ideen und Anregungen gierig auf. Dabei kann ich es kaum erwarten soviel wie möglich so schnell wie möglich selbst auszuprobieren. Es klingt vieles so gut, richtig und sinnvoll. Ich will ausprobieren, verändern, Erfahrungen sammeln, Neues wagen, progressiv denken und handeln.
Vieles habe ich in den vergangenen Wochen und Monaten schon ausprobiert. Ich habe diesen Blog neu gestartet und berichte von einigen Erfahrungen hier und auf Twitter. Es macht Spaß zu sehen, wie ich mich zunehmend vernetzen kann und in einen sinnstiftenden Austausch mit Kolleginnen und Kollegen komme. Noch nie zuvor habe ich meinen Beruf als so erfüllend wahrgenommen, wie dieses Schuljahr.
Doch jetzt bin ich an einen Punkt angekommen, an dem ich ins Stocken gerate und mich abbremsen lasse. Neben mein Verlangen danach neue Ideen auszuprobieren tritt die Suche nach Orientierung:
Was habe ich alles ausprobiert? Was davon war praktikabel und was nicht? Was kann ich sinnvoll einsetzen, worin sehe ich keinen Nutzen? Welche Lösungen finde ich für aktuelle Probleme? Wie kann/muss ich meinen Unterricht noch weiter verändern? Wo will ich eigentlich hin?
Viele Ziele, die ich gerade als bedeutsam einstufe, habe ich schon erreicht, z.B.
- viel Frazi um die Eigenverantwortung der SuS zu fördern
- SuS zeigen zunehmend eine hohe Lernmotivation und Anstrengungsbereitschaft
- viele offene (Haus-)Aufgaben ersetzen tausende Kopien und erhöhen meine Flexibilität
- digitale Übungsformate werden von den Kindern gerne genutzt
- Präsentationen und Portfolios können mit dem Book Creator gestaltet werden
- täglich schauen wir die Logo-Kindernachrichten
- digitale Hausaufgaben bringen Abwechslung und erleichtern die Auswertung
Andere Ziele stehen immer noch auf meiner To-Do-Liste:
- recherchieren und präsentieren mit dem Tablet
- fake news erkennen
- gestalten mit dem greenscreen
- Formen alternativer Leistungsbeurteilung
- eine Möglichkeit Hausaufgaben und Materialien digital verfügbar zu machen
- noch mehr Frontalunterricht durch eine bessere Alternative ersetzen
Abschließend bleibt bei mir die Erkenntnis, dass ich zwar mit Leidenschaft das "Neuland" erkunde, mit großem Elan Neues ausprobiere und mich dabei auch von Rückschlägen nicht entmutigen lasse. Aber trotzdem ist es ein mühsamer Weg. Es kostet viel Kraft Neues zu wagen, aus gescheiterten Stunden zu lernen, nicht nur den Unterricht, sondern auch die eigenen Vorstellungen (z.B. von gut und schlecht) und Ansprüche (gelungen vs. gescheitert) zu reflektieren und zu verändern und sich nicht entmutigen zu lassen. Bei all dem kämpfe ich gegen die Enge des Schulsystems, äußeren Zwängen, unverständige Kolleginnen und Kollegen, eine konservative Schulleitung und die Unzuverlässigkeit der Technik.
Ich werde jede Lesekraft (:D) dieses Blogs weiter auf meinem Weg mitnehmen. Nicht um mit meinen Erfolgen zu glänzen, sondern um meinen Weg zu zeitgemäßer Bildung zu zeigen. Bitte fühlt euch ermutigt es selbst auszuprobieren und euch mit mir hier oder auf Twitter auszutauschen.
P.S: Ich habe diesmal eher auf der Metaebene über meinen zweiten #breakoutedu berichtet. Wer Interesse an meinem Material hat, kann mir gerne schreiben. Ich teile gern.
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