Mein Beitrag zur Blogparade #3weeks2learn

Jan-Martin Klinge, Bob Blume und die Bildungspunks haben zur Blogparade #3weeks2learn aufgerufen. An dieser will ich mich hiermit beteiligen.
Vor kurzem habe ich schon meine Eindrücke aus den ersten beiden Wochen Schulschließung geschildert. Eine reichlich Woche später sieht es wieder etwas anders aus. Die dritte Woche Schulschließung war in meiner Wahrnehmung geprägt von der Reflexion der vergangenen Zeit, der beginnenden Planung für die Zeit nach Ostern (Es soll natürlich besser laufen, als bisher) und einem stärkeren Fokus auf die Kinder, die man nicht erreichen kann.
Was hat bei mir funktioniert?
Nachdem mir, wie bereits geschildert, anfangs die Umstellung sehr schwer gefallen ist, läuft es inzwischen etwas besser. Ich habe zu vielen Eltern meiner Klasse per E-Mail Kontakt. Es haben mir auch schon ein paar Kinder geschrieben, was ich echt toll finde. Ich habe den Eindruck, dass viele auch zuhause lernen und arbeiten können und die Lernbereitschaft meiner Schüler weiter besteht.
Was immer noch super funktioniert, ist die Arbeit in meinem Jahrgangsteam. Ich habe echt tolle Kolleginnen und auch wenn wir nicht ständig in Telefonkonferenzen in Kontakt bleiben, arbeiten wir dennoch gerne und produktiv zusammen. Jeder kann sich mit seinen Stärken einbringen, jeder arbeitet auch für die anderen. Material, Listen und Ideen werden geteilt, keiner nimmt sich raus. Das kann auch Corona nicht kaputt machen.
Die Eltern lernen mit den Kindern. Alle Eltern, die ich erreicht habe, lernen und arbeiten mit ihren Kindern für die Schule. Viele unter schwierigen Bedingungen, aber sie kämpfen sich durch. Die Kinder sind wichtig, Bildung ist wichtig.
Was hat nicht funktioniert?
Klarer Fall: zufriedenstellendes Arbeiten.
In der Schule ist es für mich vollkommen normal, dass in meiner Klasse neben hochbegabten Kindern auch die mit sonderpädagogischen Förderbedarf in verschiedenen Bereichen sitzen. In meinem alltäglichen Unterricht habe ich mich darauf eingestellt, darauf so gut es geht zu reagieren. Jetzt zeigt sich eine neue Heterogenität.
Ich habe eine kurze MS Forms Umfrage mit den Eltern aller 4. Klassen durchgeführt. Die Ergebnisse waren für mich zwar nicht überraschend, aber doch sehr aufschlussreich. So haben von dem Drittel, die geantwortet haben, zwar nahezu alle ein Smartphone (sonst hätten sie ja auch nicht antworten können...), aber nur ca die Hälfte einen Drucker. Mit der Art und Menge der Aufgaben, die wir bis jetzt verteilt haben, waren fast alle sehr zufrieden. Es gab Lob, Anerkennung, Dank und ein paar Wünsche und Kritiken von den Eltern.
Manche Eltern verstehen mich sprachlich nicht, sind selbst berufstätig und/oder haben mehrere zu betreuenden Kinder. Da ist kaum Kontakt möglich (auch in "normalen" Zeiten nicht). Andere schreiben jeden Tag eine Mail mit den Ergebnissen oder preschen im Lehrplan voran.
Während ich in der Schule versuchen kann, diese Heterogenität ein Stück weit auszugleichen und allen Kindern gleiche Chancen zu bieten, sie individuell zu unterstützen, bin ich jetzt Zaungast. Ich darf zusehen, kann aber aktuell nichts dagegen tun. Und die, die mich am dringendsten brauchen, sind am weitesten weg.
Was kann man davon lernen?
Nicht nur die digitale Ausstattung der Schulen ist sehr unterschiedlich, sondern auch die der Familien. Während selbst in einem Sprengel manche am Drucker eskalieren und mit ihrem Kind im Lehrplan vorpreschen, ist bei anderen das Datenvolumen aufgebraucht, sodass sie ihre Mails nicht mehr abrufen können.
Die Digitalisierung soll die Schülerinnen und Schüler fördern und nicht die Unterschiede vergrößern. Gerade in der ersten Woche der Schulschließung wurde in meiner Bubble oft geschimpft, dass anrufen und das Verschicken von PDFs per Mail noch lange kein digitaler Unterricht sei. Heute haben wir gelernt: In manchen Fällen ist es trotzdem "zeitgemäß im engeren Sinne".
Zwei Aspekte sind mir in diesen Wochen besonders bewusst geworden:
1. Auf die Lehrkraft kommt es an.
Deutlich wird für mich im Grundschul-Bereich (und über Twitter auch in anderen Schulen), dass es auf die Lehrkraft ankommt. Wir sind wichtig, um Inhalte fachlich richtig zu vermitteln. Wir sind wichtig, um Inhalte didaktisch ansprechend aufzubereiten. Wir sind wichtig, um Lernmotivation zu schaffen. Wir sind wichtig für die Kinder: zum zuhören, beraten, scherzen, mahnen, erklären, schlichten, Beziehung bauen. Die Eltern machen gerade einen tollen Job, aber uns können (und wollen) sie nicht ersetzen. Schule verbindet und reduziert die sozialen Unterschiede, das war mir noch nie so bewusst wie jetzt.
2. Jede/r muss einen individuellen Weg finden
Digitaler Unterricht hängt zur Zeit wesentlich von der medialen Ausstattung der Familien ab, nicht (nur) von der Kompetenz der Lehrkraft. Mancherorts muss digitaler Unterricht jetzt auch analog sein, um alle zu erreichen. Einige können auch noch wochenlang mit padlet, moodle & Co arbeiten, andere werden weiter auf Arbeitshefte und Kopierer zurückgreifen. Wichtig ist gerade nicht das Medium, sondern das Erreichen der Kinder.
Ich weiß nicht, wie es weitergeht und bin gespannt, welche Auswirkungen die derzeitige Krise auch langfristig haben wird. Aber soviel, wie sich derzeit ändert oder zumindest ungewiss geworden ist, ist es doch schön, dass die tolle Zusammenarbeit im deutschlandweiten Lehrerkollegium sich als eine beruhigende Konstante erweist.
In diesem Sinne: Bleibt gesund. Bleibt zuhause. Bleibt Lehrer/in.
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