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Am Ende dieses langen Schuljahres ...

... blicke ich zurück.

Das Schuljahr hat für mich schon besonders angefangen. Ich hatte meine erste Klasse, die ich in der 3. und 4. Klasse führen durfte. Dadurch habe ich es zu Beginn des Jahres sehr genossen, dass ich die Früchte meiner Arbeit aus der 3. Klasse ernten konnte. Ich kannte meine Klasse schon und sie mich. Die Regeln waren klar, das Arbeiten gewohnt.

Der Beginn des Schuljahres war wieder durch den üblichen Orgakram und die Fahrrad-Verkehrsschule geprägt. Einige Kinder waren neu in der Klasse, ein paar sind in den Sommerferien weggezogen. Die Klasse veränderte sich und integrierte schnell die Zuzüge. Erstmals hatte ich auch für einige Wochen eine Praktikantin mit in der Klasse. Das war eine sehr spannende Erfahrung für mich. Durch die Anwesenheit einer Frau in der Klasse sah ich deutlich, dass sie schnell und einfach Zugang zu manchen Kindern fand, die mir auch nach einem Jahr noch fremd schienen. Das macht mir Lust auf mehr.

Sehr schnell folgten die ersten Proben, Elterngespräche, Ausflüge, Fortbildungen, Teamtreffen, ... Meine Lust auf Veränderungen hat das nicht gebremst. Meine Versuche im offenen Unterricht wurden langsam besser und zur Gewohnheit, sowohl für die Kinder als auch für mich. Wir fühlten uns zunehmend wohl in der Offenheit und die meisten Kinder lernten gerne und fleißig.

Anfang 2020 machte sich bei mir etwas Trägheit breit. Ich brauchte eine Verschnaufpause und ließ meinen Unterricht laufen. Ich war erstmals in meinem Lehrerleben an einem Punkt, wo ich (halbwegs) zufrieden mit meinem Unterricht war. Ich merkte, wie ich mich um schwächere Kinder kümmern und sie fördern konnte, gleichzeitig aber auch die leistungsstarken nicht aus den Augen verlor. Es faszinierte mich (und tut es bis heute) wie motiviert die Kinder lernten und wie konzentriert sie über lange Zeit arbeiteten. In vielen kreativen Projekten kamen Stärken der Kinder zum Vorschein, die ich nie geahnt hätte. Das hat echt Spaß gemacht.

Und dann kam Corona. Die Schule schloss, die Kinder mussten zuhause bleiben. Bis dahin habe ich mich für einen innovativen Lehrer gehalten und doch stand ich jetzt recht hilflos vor der Situation. Meine Klasse konnte ich kaum mehr erreichen und auch die Versorgung mit Material und Aufgaben gestaltete sich als sehr schwierig. All meine Ideen und Vorstellungen von Unterricht waren vorerst obsolet und ich musste neue Wege finden.

Ich nutzte die Zeit, wie viele andere auch, für Fortbildungen und Austausch im Twitterlehrerzimmer. In dieser Zeit entdeckte ich auch das Konzept des Flipped Classroom für mich. Es erscheint mir nicht nur als eine Möglichkeit für den Fernunterricht/Hybridunterricht, sondern auch für die Zeit nach Corona. Es passt gut zu meiner Vorstellung von offenem Unterricht und meinem Bild von Schule und Erziehung. Ich habe einen Kopf voller Ideen und mega Lust, sie in meiner nächsten Klasse auszuprobieren.

Vorher muss ich noch meine Klasse verabschieden. Die Kinder, die ich zwei Jahre begleitet, gefördert, gefordert, unterrichtet und erzogen habe. Die ich kennenlernen durfte und deren Entwicklung ich staunend begleitet habe. Ich werde sie vermissen.

... blicke ich nach vorn.

Im nächsten Jahr übernehme ich eine Ganztagsklasse. Das ist spitze. Ich arbeite eng mit drei tollen Erzieherinnen zusammen, die mich in meiner Arbeit genau da unterstützen, wo meine Schwächen liegen: bei Ausflugsideen, bei sozialen Konflikten, beim Es-schön-machen in der Klasse, bei Festen und Feiern. Wir sind ein multiprofessionelles Team, das zusammen für die Kinder und mit den Kindern arbeitet.

Ich bleibe weiter an meinen Ideen zum Flipped Classroom in der Grundschule dran. Ich will ausprobieren, wie man das Konzept sinnvoll und gewinnbringend in der 3. und 4. Klasse umsetzen kann. Was ist möglich? Was ist praktikabel? Was ist sinnvoll? Was klingt nur gut? Welche meiner Ideen sind umsetzbar?

Zusammen mit drei KollegInnen meiner Schule starte ich einen Arbeitskreis zum Offenen Unterricht und zum Flipped Classroom. Gemeinsam tauschen wir uns aus, entwickeln Ideen weiter, profitieren voneinander, arbeiten klassen- und jahrgangsstufenübergreifend. Wir probieren Ungewöhnliches und Neues aus und schauen, was davon Zukunft hat. Darauf freue ich mich sehr!

In das nächste Jahr gehe ich voller Neugier auf die neuen Herausforderungen und die neue Klasse, die auf mich warten. Ich freue mich auf die Kinder mit allem was sie mitbringen und was ich an ihnen entdecken darf. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit mit meinen Klassenerzieherinnen und KollegInnen und bin gespannt, was ich von ihnen lernen darf.

In das nächste Jahr gehe ich entspannt, weil ich mich in meinem Unterricht zunehmend sicherer und wohl fühle. Weil ich weiß, dass ich auf einem guten Weg bin und meinen Unterricht weiter entwickeln kann. Weil ich einfach neugierig auf alles bin, was nächstes Jahr passieren wird.

... halte ich inne

und mache bald erstmal Sommerferien. Ich erhole mich, schalte ab, genieße die Freizeit und sammle Kraft für das neue Jahr.

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