Einige Kinder meiner Klasse hatten in der Pause einen Streit. Sie wollten zusammen spielen, aber je größer die Gruppe war, desto intransparenter und flexibler wurden die Spielregeln. Die Gefühle kochten hoch und am Ende waren viele frustriert, wütend, enttäuscht, traurig.
Nachdem sie ihren ersten Frust bei mir abgeladen hatten, baten sie darum den Streit klären zu dürfen. Normalerweise sehe ich das im Unterricht nicht so gerne, aber ich erlaubte ihnen sich in den Nebenraum zurückzuziehen.
Bald saß meine halbe Klasse im Nebenraum an einem runden Tisch, während ich im Klassenzimmer spontan anderen Unterricht machte und mit einem Ohr lauschte.
Die Kinder erzählten der Reihe nach ihre Perspektive der Situation, ihre Gefühle und gingen dann gegenseitig auf ihre Gesprächsbeiträge ein. Zwischendurch wurde es noch einmal etwas lauter und emotionaler, was ich aber schnell wieder beruhigen konnte.
Nach ca einer Stunde bat ich die Gruppe langsam zum Ende zu kommen, weil ich noch ein bisschen Unterricht mit allen machen musste. Zu diesem Zeitpunkt hatten die Kinder schon festgestellt, dass jeder ein bisschen Schuld hat und waren gerade dabei die letzten Kinder anzuhören. Nachdem sie sich schließlich alle beieinander entschuldigt hatten, kamen sie zurück in die Klasse und der Unterricht konnte ruhig und konzentriert fortgesetzt werden.
Ich habe es vorher noch nie erlebt, wie sich Kinder so offen, intensiv und fair streiten, von sich erzählen, anderen zuhören und ihnen ein friedliches Miteinander so wichtig ist. Ein wunderschöner und kostbarer Moment für mich.