Was ist eigentlich Führung? In Deutschland ist der Begriff ja eher negativ behaftet, dabei ist eine gute Führung sehr wichtig. Führungskräfte haben einen großen Einfluss und auch in der Schule haben die Lehrkräfte mit Klassenführung meist den größten Einfluss auf die Kinder, ihr Lernen und ihre weitere Schullaufbahn.
Führung meint, dass eine Person (die Führungskraft) das Verhalten einer anderen Person durch Kommunikation beeinflusst und in eine bestimmte Richtung lenkt. Es geht bei der Klassenführung also weniger um den Blick auf die Klasse als Ganzes, sondern mehr darum, die einzelnen Kinder zu führen und jedes Kind zu seiner persönlichen Bestleistung zu motivieren.
Dabei sind wir als Lehrkräfte nicht nur Führende, sondern auch Geführte. Wir werden von Schulleitung, Schulamt, Regierung selbst geführt und deren Führungsverhalten wirkt sich unmittelbar auf uns, unsere Leistung und Motivation aus.
In der Theorie kann man zwischen verschiedenen Führungsstilen unterscheiden. Weit verbreitet ist der autokratische Führungsstil, das Schulsystem wird eher bürokratisch geführt, selten begegnet man einem charismatischen Führungsstil und in manchen Settings zeigt sich ein kooperativer Führungsstil. Oft übernimmt man zunächst (unreflektiert) vorhandene und bekannte Führungsstile. Erst mit der Zeit und einiger Erfahrung kann man einen eigenen authentischen Stil entwickeln, der situations- und adressatenbezogen variieren kann.
So eignet sich in der Schule aus meiner Sicht eine autoritäre Führung eher bei unmotivierten und unfähigen Kindern bzw. bei Routine- und Übungsaufgaben. Motivierte und fähige Kinder dagegen können kooperativ geführt werden und auch bei kreativen Aufgaben passt keine autoritäre Führung. Die genaue Ausgestaltung und konitnuierliche Anpassung des Führungsstils sind dann abhängig von den individuellen Vorlieben und Zielen.
Führungsmittel, mit denen der jeweilige Stil konkret umgesetzt wird, sind zum Beispiel regelmäßige Gespräche, in denen ich mit einzelnen Kindern spreche, sie nach ihrem Wohlbefinden, ihren Bedürfnissen, Lernfortschritten und Schwierigkeiten frage. Wir können individuelle Ziele vereinbaren und sie reflektieren. Dafür reichen meist kurze Gespräche in der Pause, in ruhigen Arbeitsphasen oder in einer Kindersprechstunde.
Auch direkte Anweisungen und Einzelaufträge sind wichtige Mittel, mit denen ich die Kinder anleiten und motivieren kann. Dabei darf dann das Feedback in Form von positiver und negativer Kritik nicht fehlen, natürlich nicht nur als Ziffernnoten. Rückmeldung über ihre Leistungen, ihr Lern- und Arbeitsverhalten und ihre Fortschritte sind den Kindern meistens schon früh wichtig.
Nicht zuletzt sind auch Leitbilder, Richtlinien und Ablaufanweisungen nicht nur in der freien Wirtschaft, sondern auch in der Schule weit verbreitet. Es gibt Klassenregeln, Sozialziele, Konfliktlöseverfahren und immer gleiche Abläufe von Aufgaben (z.B. Hausaufgaben abgeben, Aufgaben kontrollieren, Proben schreiben, Gruppenarbeiten durchführen, ...), die den Kindern bekannt sind und ihr Verhalten in eine bestimmte Richtung lenken wollen.
Nicht zuletzt ist ein entscheidender Faktor guter Führung die Motivation der zu Führenden. Sowohl für die Wirtschaft, als auch für Schule gibt es dazu reichlich Theorien. Ich persönlich finde die Bedürfnispyramide von Maslow sehr hilfreich, da sie mir immer wieder deutlich macht, dass erst die sozialen Bedürfnisse (Freunde haben, nicht streiten, Teil der Peergroup sein) gestillt sein müssen, bevor die Individualbedürfnisse (Erfolg bei Aufgaben) und das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung (Persönlichkeit entwickeln, Kreativität entfalten, Talente entdecken, Leben gestalten) interessant werden.
Daneben mag ich die Selbstbestimmungstheorie von Deci und Ryan, nach der Menschen nach der Erfüllung von drei psychologischen Grundbedürfnissen strebt, nämlich Kompetenz, Autonomie und sozialer Eingebundenheit. Ich finde es spannend, immer wieder darüber nachzudenken, wo ich in meinem pädagogischen und didaktischen Handeln diesen Bedürfnissen und ihrer Erfüllung Raum gebe und zu erkunden, inwieweit sich auch Misserfolge und Störungen darauf zurückführen lassen.
Kommentar schreiben