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Führen heißt auch folgen

Als Führungsperson hat man Personalverantwortung. Ich trage also die Verantwortung für den Lernerfolg, die Entwicklung und das Wohlbefinden der mir anvertrauten Personen, in meinem Fall Grundschulkindern.

Während ich den Lernerfolg mit meiner didaktischen Kompetenz zu erreichen versuche, kommt es beim Wohlbefinden und der persönlichen Entwicklung auf meine pädagogischen Kompetenzen an. Interessant finde ich hierbei den Gedanken an den Hoch- und Tiefstatus in Beziehungen. Bei zwischenmenschlichen Interaktionen gibt es fast immer eine Seite, die im Hochstatus ist, also bestimmt und sagt, was getan werden muss. Die Seite definiert richtig und falsch, gut und schlecht, Sinn und Unsinn. Die andere Seite ist im Tiefstatus, muss Anweisungen befolgen, sich unterordnen, gehorchen.

In der Schule sind naturgemäß die Lehrkräfte im Hochstatus und die Schülerinnen und Schüler im Tiefstatus. Generell sind Erwachsene gegenüber Kindern in der Regel im Hochstatus. Das kann bei Kindern ein Ohnmachtsgefühl auslösen, sie fühlen sich fremdbestimmt, ausgeliefert, nicht wahr- und ernstgenommen. Das wiederum kann entweder zu Rückzug und Resignation oder zu Wut und Rebellion/Angriff führen.

Spannend wird für mich Führung an der Stelle, wo ich versuche bewusst in den Tiefstatus zu wechseln, damit Kinder in einen (von mir kontrollierten) Hochstatus wechseln können. Dadurch fühlen sie sich kompetent, selbstbestimmt, selbstbewusst und verantwortlich. Das erhöht ihre Zufriedenheit und Motivation und die Bereitschaft meiner Führung zu folgen.

Natürlich sind dem systembedingt Grenzen gesetzt und auch ich stoße immer wieder (schmerzhaft) an meine Grenzen. Da wo meine Rolle als Lehrkraft nicht ausreicht um zu führen und zu helfen. Da wo mein pädagogisches Handwerkzeug nicht ausreicht und sonderpädagogische oder therapeutische Hilfe nötig ist. Da wo ich von Kindern, Eltern, Kollegen ausgenutzt werde. Da wo ich anfangen muss, mich selbst zu schützen, statt zu helfen.

Führung heißt nicht nur voran zu gehen, sondern auch zu folgen. Und manchmal heißt Führung auch, auf sich selbst zu achten und Grenzen für den Selbstschutz zu ziehen.

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