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Klassenleitung oder Klassenführung?

Wenn ich eine Klasse "meine Klasse" nennen darf, habe ich dann eigentlich eine Klassenleitung oder eine Klassenführung? Was ist der Unterschied zwischen Leitung und Führung?

Stark vereinfacht ausgedrückt ist für mich Leitung funktionsbezogen und Führung personenbezogen. Als Klassenleitung habe ich also die Funktion, mich um die verwaltungsrechtlichen und organisatorischen Belange der Klasse zu kümmern. Ich habe die Verantwortung für Elternbriefe, Belehrungen, Informationsweitergabe, Zeugnisse, uvm. Ich bin erster Ansprechpartner für Schulleitung und Elternschaft.

Klassenführung meint für mich dagegen, dass ich mich um die zu meiner Klasse gehörenden Personen kümmere. Das sind in erster Linie natürlich die Kinder mit ihren sozial-emotionalen Bedürfnissen, ihrer Entwicklung, ihrem Lernweg und ihrer Rolle in der Klassengemeinschaft. Die Klasse mit ihrer sozialen Dynamik muss von mir geführt werden, Regeln müssen besprochen und durchgesetzt, Konflikte moderiert und auf das Wohlergehen und die Entwicklung aller muss geachtet werden. Ich bin verantwortlich für die Lernmotivation, die persönliche Entwicklung, für Moral- und Wertemaßstäbe.

Neben den Kindern bin ich aber auch verantwortlich für Erwachsene in der Klasse, also Fachlehrkräfte, Differenzierungslehrkräfte, Lesepatin, Sonderpädagogin, JaSlerin, Förderlehrkräfte, uvm. Mit allen muss ich so zusammenarbeiten, dass wir gemeinsam in eine Richtung steuern und nicht nebeneinander oder gegeneinander arbeiten.

Besonders wichtig ist das bei den Erziehungsberechtigten der mir anvertrauten Kinder. Hier sind viele Gespräche für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nötig. Im schulischen Kontext gebe aber ich als Klassenführung die Richtung, das Tempo und die Ausgestaltung der gemeinsamen Arbeit vor.

In meiner Arbeit als professioneller Pädagoge stehen mir verschiedene Führungsstile zur Verfügung, die ich je nach Bedarf und Passung einsetze. So greife ich zum Beispiel gegenüber unmotivierten oder leistungsschwachen Kindern eher auf einen autoritären Führungsstil zurück, um die Erledigung der geforderten Aufgaben anzuregen. Auch bei (ungeliebten) Routine- und Übungsaufgaben hilft oft ein autoritärer Führungsstil zur Durchsetzung des notwendigen Übels. In diesen Fällen kann ich meist nicht von den Kindern verlangen, sich selbst zu motivieren. Da ist eine starke Führung nötig.

Starke Führung bedeutet aber auch kluge Führung. Besonders sehr motivierte oder begabte Kinder profitieren eher von einem kooperativen Führungsstil, bei dem sie selbst mehr Gestaltungs- und Entscheidungsfreiraum haben, selbst ein bisschen Verantwortung übernehmen dürfen und lernen ihr Lernen zu planen, zu organisieren und zu reflektieren. Auch bei kreativen Aufgaben erzielt eine kooperative Führung meist bessere Ergebnisse und die Kinder lernen nebenbei, wie Demokratie wirklich funktioniert. Sie erleben Selbstwirksamkeit und steigern ihre Lernmotivation. 

Nachtrag:

Spannend wird für mich der Unterschied zwischen Leitung und Führung gerade auf Schulebene. Jede Schule hat eine Schulleitung, aber keine Schulführung. Die Aufgaben der Schulleitung sind größtenteils Verwaltungs- und Organisationsaufgaben, die kluge Führung des Kollegiums als Gruppe spielt leider sowohl in der Ausbildung der Schulleitung als auch im täglichen Handeln zu oft eine untergeordnete Rolle. Ebenso wie bei den Kindern in der Klasse geht so auch im Kollegium viel Einsatzbereitschaft und Arbeitspotential verloren.

Kluge Führung schafft es, dass die zu Führende sich dafür entscheiden zu folgen.

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